Der Frosch ist ein Mercedes-Benz W111 280 SE Hochkühler Cabrio, das zum Entlacken und Entrosten vorbereitet wurde. Die Karosse ist entkernt und steht auf Stelzen. Damit wird sie dann erst mehrfach in ein Entlackungsbad und anschließend in ein Entrostungsbad gehen. Da treten dann alle Sünden der vergangenen 5 Jahrzehnte zu Tage.
Hurra, endlich ist es soweit: Der Termin der Entlackung und Entrostung steht ab dem 21.11.2016 bevor! Bis jetzt wurde die Karosserie von allem Ballast befreit. Also Innenraum inklusive Armaturenbrett und Heizung, Scheibenwischergestänge, Scheiben, Motor, Lenkung und Achsen, Zierleisten sowie die Kabelbäume sind entfernt. Die Karosserie ist nackt? Nein noch nicht so ganz, denn noch umhüllt sie eine originale und eine Nachlackierung aus Amerika, die uns den Blick auf die Schönheit und die Falten der 48 Jahre alten Karosserie verhüllen. Die Farbe muss also herunter, bevor wir alles sehen, nur um es späte mit KTL und neuem Lack umso dauerhafter wieder verhüllen zu können.
Wenn man eine Karosserie neu lackieren möchte, hat man mehrere Möglichkeiten:
- Man schleift den alten Lack an und lackiert dann darüber. Das ist besonders gefährlich bei Thermolacken, wie sie in den USA gerne verwedet werden. Da kommt der neue Lack nach einiger Zeit gerne hoch. Hatte ich zwar nicht, aber es ist für mich auch so keine richtige Lösung
- Man schleift die Karosserie bis auf das Blech ab. Viel Arbeit und nicht so wirklich gründlich. Vor allem kommt man dabei nicht in die Fugen und schon gar nicht an die Hohlräume. Und die sind das Kritischste an einer W111 Karosserie.
- Wenn man es vollständig will, bleibst also nur ein bis in alle Hohlräume vordringendes komplettes Entlacken und Entrosten sowie eine anschließende Kathoden-Tauch Lackierung. Das konserviert die Karosserie für ewig. So sollte es also sein!
Nachdem ich im September den Innenraum bis auf die Heizung ausgeräumt hatte, machte sich Obelix im Mercedes-Benz Autohaus Berlacher daran, die Heizung, Motor und Getriebe sowie die Achsen auszubauen. Am Ende stand der Frosch fast nackt auf Stelzen in seiner Werkstatt und wartete auf das Wellnessbad. Die Stelzen hat Obelix aus 5x5cm Stahlrohr zusammengeschweißt und die Karosserie ist an den Befestigungspunkten für die Achsen dort aufgeschraubt. Entgegen fränkischer Unkenrufe (Igor) sollte sich die Konstruktion als sehr standhaft erweisen. Durch die 4 Schwerlastrollen mit Bremse ist die Karosse mit dem Gestell gut manövrierbar. Wenn Obelix das Gestell nicht hergestellt hätte, hätte es der Dienstleister fürs Entlacken getan. Denn er braucht es auch beim Tauchbad.
Fürs Entlacken, Entrosten und die KTL Beschichtung von Oldtimern gibt es in Deutschland nur 3 Dienstleister. Einer macht Entlacken, Entrosten und KTL in einem Durchgang und gibt dann die Karosserie zum Schweißen zurück. Da man dabei aber wieder blanke Teile braucht und so Rostanfälligkeit an der Karosse erzeugt, habe ich mich gegen diese Methode entschieden. Für mich war der geplante Arbeitsgang
- Die Karosse wird immer wieder im Laugenbad entlackt und mit Wasser hochdruckgespült, bis sie innen wie außen komplett blank ist. Dafür gibt es einen Pauschalpreis. Es verschwinden Matten, Isolierungen, Spachtel, Dichtmasse und Lack. Aluminium muss gesondert behandelt werden. Manchmal bleibt nur ein Sieb und kaum Blech übrig.
- Danach wird sie in Phosphorsäure entrostet und anschließend neutralisiert
- Zum Schluss wird ein wasserlöslicher Korrosionsschutz aufgesprüht
- Dann wird die Karosse im geschlossenen Anhänger dem Kunden zurück gegeben. Der Korrosionsschutz hält dann je nach Umgebungsfeuchte wenige Wochen
- Der Kunde lässt die Karosse schweißen und ggf. auch verzinnen, wo Material aufgetragen werden muss. Auch Beulen und Dellen sollten jetzt gerichtet werden.
- Dann wird die Karosse im geschlossenen Anhänger dem EZZ zurück gegeben
- Da durch Flussmittel und Schweißnähte erneut Rostherde entstanden sein können, wird die Karosse anschließend noch ein Mal entrostet.
- Erst jetzt wird die Karosse in ein Bad zur Kathoden-Tauch-Lackierung gebracht und anschließend bei 160°C getrocknet. EDIT: Leider erwies sich die KTL Beschichtung als nicht so problemlos wie erwartet. Zinn wurde wellig oder löste sich an einer Stelle gar. Und mit Anbauteilen wurde nicht sorgsam umgegangen, siehe Der Frosch wird wieder grün beschichtet
So viel zur Theorie. Erfahrungen hatte damit der Oldtimer Markt und - mir noch wichtiger - Udo (Nichtschwimmer hier im Forum) mit seinem Ponton gemacht. Ihn hatte ich ausführlich befragt und mich dann für den Dienstleister EZZ (Entlackungszentrum Zweibrücken) entschieden. Die handhaben inzwischen auch den nach Zweibrücken umgezogenen KTL-Vorgang durch den Dienstleister Wagner Fahrzeugbeschichtung. Auch den Transport der Karossen sowie den Bau eines Gestells übernimmt EZZ auf Wunsch. Wenn EZZ an der Grenze zum Elsass nur nicht so weit weg von Berlacher in Erlangen wäre ! Kontakt ist übrigens Herr Deller, der mir den Vorgang gerne ausführlich erklärt hat. Leider musste ich länger als erhofft auf den Termin warten, nämlich ca. 7 Wochen lang. Also reserviert ihn rechtzeitig! Das Entlacken selbst dauert 1-2 Wochen. Die Karosserie wird so lange gelaugt und gereinigt, bis alles herunter ist. Wie lange das dauert, kann das EZZ vorher nicht sagen. Gut ist, dass es einen Pauschalpreis dafür gibt. Für das Entlacken und Entrosten müsst Ihr mit 2800€ für Karosserie plus Anbauteilen rechnen. Dabei ist kein Gestell (300€) und kein Transport (nach Entfernung). Das erneute Entrosten vor der KTL und die KTL selbst kosten ca. 3400€. Teuer, ich weiß, aber auch gründlich und nach meiner Überzeugung das Beste, was man zur Erhaltung seines Oldtimers zur Zeit tun kann. Umso erstaunter war ich, vor Ort eine Heckflosse W110, einen Citoren SM, einen NSU Prinz, einen Porsche 914 und viele andere zu sehen. Pagoden und Porsche 911 scheinen sowieso zu den Stammgästen zu zählen.
Aber der Reihe nach: Obelix hatte also alles für den Transport vorbereitet. in die Karosse hatte er in alle Hohlräume 20mm große Löcher an den höchsten Punkten gebohrt. Die Bäder sollen ja auch den letzten Winkel der Karosse erreichen und nicht duch Luftblasen daran gehindert werden. Zur Not bohrt aber das EZZ nach. In meinem Fall wird sie das am Gestell selbst tun. Wahrscheinlich will man damit verhindern, dass mit dem Gestell Flüssigkeiten von einem Bad ins nächste gebracht werden. Die Bäder sind das A und O solcher Betriebe und wenn sie wegen solcher Fehler kippen, kostet das wohl ein Vermögen.
Am Tag vor dem Transport bin ich nach Erlangen gereist und habe den Frosch auf seinen Stelzen begutachtet. Wir haben auch schon überlegt, wie wir die Motorhaube und den Kofferraumdeckel so transportieren können, dass sie nicht vom Winde verweht werden. Dazu haben wir sie im Innenraum flach hin gelegt und mit Gurten gesichert. Die Türen und Kotflügel waren schon lose und nur wieder an je 2 Schrauben fixiert. Alles andere war demontiert und lag entweder als Kleinteil bei oder in Kisten für späteren Rückbau verstaut. Die Türen wurden mit einem Gurt gegeneinander verspannt, so dass sie sich während der Fahrt nicht öffnen konnten. Die Kleinteile habe ich in den Innenraum des Transporters mit genommen. Als Transporter hatte mir Igor einen Abschleppwagen vermittelt, dafür mein herzlciher Dank! Den habe ich am Vorabend geholt und an der Werkstatt abgestellt, da es schon dunkel war.
Am nächsten Morgen stand ich früh auf und war vor 8:00h in der Werkstatt, wo wir den Frosch einfach hinter den Anhänger gerollt und dann lässig mit der Winde hinauf gezogen haben - das Gestell hielt. Einmal oben haben wir nur noch mit 4 Gurten das Gestell fest verzurrt und abschließend einmal fest an allen Seiten gerüttelt, ob auch alles fest ist. Dann fuhr ich mit dem leider auf 80km/h limitierten Abschleppwagen nach Zweibrücken. Von Erlangen fuhr ich über die A3 an Hanau vorbei - nein einen kleinen Zwischenabstecher nach Hause, um Wasser zu holen habe ich gemacht. Außerdem habe ich Gurte und Gestell geprüft. Dann ging es weiter über Kaiserslautern und Pirmasens nach Zweibrücken. Dank Tempolimit, Baustellen, Stop&Go hat das Ganze mehr als 5 Stunden gedauert. es zieht sich! Um 14.15h kam ich endlich an und habe den Frosch im Hof entbunden. Wie schon in Hanau geprüft, waren die Gurte noch immer straff und das Gestell hatte um keinen Millimeter nachgegeben - Wertarbeit von Obelix halt!
Dann nur schnell den Frosch mit der Winde abgeladen, die 28 Kleinteile fotografiert und schon war ich abfahrbereit. Ich wollte eigentlich noch schnell ein paar Fotos von den Bädern schießen, aber da war wohl leider nichts los. Jedenfalls versprach mir Herr Deller, beim Tauchgang meines Frosches ein paar Bilder zur Dolumentation zu schießen. Jetzt steht er in der Gesellschaft von ca. 10 anderen Karossen und wartet auf sein Wellnessbad.
Wichtig: Alu sollte nicht ins normale Entlackungsbad, sonst wird es aufgefressen. Also alle Aluteile gesonder markieren. Bei mir sind es z.B. die Träger der Türen. Außen sind sie stahlbeplankt, aber innen aus Aluminium. Auch ein Schloss der Motorhaube ist aus Alu. Das haben Obelix und ich vergessen. Aber ein älterer Arbeiter hat das gleich erkannt und den Magneten daran gehalten. "Das wolltest Du wohl nicht wieder haben?" grinste er. Die Jungs haben wohl schon Erfahrung. Bei Cabrios mit sehr maroder Karosse empfiehlt es sich, vorher eine Stahlkreuz einzuschweißen. Denn in den heißen Bädern und bei der Trocknung nach der KTL kann es sonst zum Verzug kommen. Das war bei meinem Frosch aber nicht notwendig - hoffe ich zumindest.
Wegen eines weiteren Staus bei Heilbronn war ich erst um 20h wieder in Erlangen, um den Abschlepper zurück zu geben. Da musste ich mich erst langsam wieder aus dem Führerhaus falten und zurück in den beladenen Golf meiner Frau steigen. Mit dem landete ich dann 1h später wieder im Stau. Dieses Mal bin ich auf einen Autohof gefahren und habe erst einmal etwas gegessen und mit Obelix ausgiebig telefoniert. Um 23:15h kam ich nach einem langen Tag total platt in Hanau wieder an und fiel mehr oder weniger gleich ins Bett. Würde mir heute jemand sagen, ich müsste noch einmal den Frosch abholen, würde ich wohl streiken und lieber das EZZ beauftragen. Das kostet zwar mehr, aber es schont die Gelenke, die Nerven und den Po und ist es aus der Sicht des Tags danach wert. Wahrscheinlich denke ich in 2 Wochen anders und es war ja auch wichtig, einen Eindruck vom EZZ zu erhalten.
Leider verzögert sich das Entlacken nun um 5-8 Werktage. Danach habe ich vereinbart, dass EZZ den Rücktransport veranlasst und der nackte Frosch direkt vom Wellnessbad in die Wellnesoase Berlacher zurück gebracht wird, wo ihn Obelix ordentlich in Formen massieren wird. Ich würde mich ja lieber von Frau Methusalix massieren lassen, aber der Frosch hat es halt so lieber. Reiß ihm nicht die Schenkelchen aus, lieber Obelix!
Nach mehr als einem Monat ist der Frosch zurück
Länger als angekündigt hat es der Frosch im Wellness-Bad ausgehalten. Am 23.12.2016 17:15h kam der Frosch nach mehr als einem Monat einen Tag vor Heiligabend vom Entlackungszentrum zurück in die MB Werkstatt. Über Weihnachten hatte ich also nichts als nur ein Foto des Transporteurs und erst am darauffolgenden Arbeitstag kamen mittags die erlösenden Bilder von Obelix. Nach einem mich aufziehenden "Wegwerfen und einen 3.5er kaufen" (ja er würde mir halt ein D-Jetronic Cabriolet wünschen der Gute) haben wir am Telefon über die bekannten Stellen an der Schottwand vorne rechts und den Radlauf hinten links diskutiert. Neben diesen kamen nur kleinere Schönheitsfehler zu Tage. Insgesamt steht die Karosserie sehr gut da. HUURRRRAAAA !!! Anbei mal ein paar Bilder von guten und schlechten Stellen.
Euer Volker
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Enlackungszentrum Zweibrücken (meine Wahl)
EZZ GmbH Entlackungszentrum Zweibrücken
Am Funkturm 14
D-66482 Zweibrücken
Entlackungszentrum-Zweibruecken.de
Mercedes-Benz Autohaus Berlacher (Sonstige Arbeiten am Frosch)
Auto-Berlacher GmbHFürther Str. 66
91058 Erlangen
Auto-Berlacher.de
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