Sprache auswählen

3338395202.JPG

Teil 1 der D-Jetronic (manche schreiben auch D-Jetronik) Reihe von Dr-DJet schildert die Historie von Bendix in 1957, die ersten Gehversuche mit AMC bis hin zur Einführung durch Bosch am 14. Seotember 1967 auf der IAA im Volkswagen 1600 Typ 3

 

1.1 Vorwort

Mein erstes D-Jetronic Fahrzeug, ein 450SL von 1973
Mein erstes D-Jetronic Fahrzeug, ein 450SL von 1973

Seit 2007 besitze ich meinen ersten Oldtimer, einen 450 SL von Mercedes-Benz. Um ihn optimal pflegen zu können habe ich mich mangels einer geeigneten Werkstatt in die D-Jetronic (einige Unwissende schraiben sie auch D-Jetronik, aber die Anglizismen fingen schon in den 60ern an) vertieft. Als Wissenschaftler neigt man ja dazu, sich in neue Gebiete aus Neugier immer tiefer einzudenken. So bin ich zum D-Jetronic Spezialisten geworden. Viel ist über die D-Jetronic geschrieben worden, manches detailliert, manches oberflächlich und manches reißerisch. Zeit, mal ein umfangreiches Kompendium zu schreiben dachte ich 2012 und wollte eigentlich in der Sternzeit-107.de einen Artikel veröffentlichen. Dort kann man aber die Artikel nicht selbst editieren und bei Fehlern korrigieren und ist vom Layout her limitiert. Also musste eine eigene Website her und damit konnte diese Artikelreihe beginnen. Ich bemühe mich, trotz meines Mercedes-Benz Hintergrunds, für alle Fahrzeuge mit D-Jetronic zu schreiben. Schaun wir mal, wie viele Artikel es insgesamt werden. Anmerkung 2017 habe ich dann auch noch die Sternzeit 107 übernommen.

1.2 Geschichte der D-Jetronic

Bis in die frühen 80er Jahre hinein waren die meisten Kraftfahrzeuge noch mit Vergasern ausgerüstet, erst mit dem geregelten Katalysator traten die Einspritzungen in den PKWs den Siegeszug an. Doch schon 1951 wurde die aus Flugzeugen bekannte Technologie von Bosch mit mechanischer Einspritzpumpe für den Gutbrod Superior 600 und Goliath GP 700 (später auch 900) geliefert. Bekannter ist die von Bosch 1954 entwickelte mechanische Reiheneinspritzpumpe im Flügeltürer Mercedes 300 SL. Bis Anfang der 70er Jahre wurden mechanische Mehrfachstempel-Einspritzpumpen in Benzinmotoren von Bosch und Kugel-Fischer verbaut.

Die zwangsgesteuerten mechanischen Einspritzpumpen beruhten auf einem Kennfeld, das in einem mechanisch abgetasteten Raumnocken hinterlegt war (siehe Sterntwiete). Als Eingangsinformation diente neben der Drehzahl die Gaspedalstellung, die Wassertemperatur und die Höhe über dem Meeresspiegel. Es war äußerst wichtig, dass die Drosselklappe mit der Einspritzpumpe über ein Gestänge exakt justiert war, so dass die Einspritzpumpe entsprechend der Öffnung der Drosselklappe und der Drehzahl des Motors die Einspritzmenge dosieren konnte. Die Regelaufgabe wurde von einem mechanischen Regler erledigt, dessen Herz der Raumnocken war. Das System hatte keine direkte Information über den Lastzustand des Motors, nur die Gaspedalstellung zählte. Trotzdem war es der Vergaservariante deutlich in Leistung und Drehmomentverlauf überlegen. Da ein zu mageres Gemisch immer gefährlich für den Motor ist, wurden die Pumpen ebenso wie Vergaser immer leicht zu fett ausgelegt. Mit dem Aufkommen der amerikanischen Abgasvorschriften in den späten 60ern war dies aber nicht mehr genug.

6-Stempel Einspritzpumpe aus meinem MB W111 280 SEC
6-Stempel Einspritzpumpe aus meinem MB W111 280 SEC

Bereits 1957 entwickelte die Bendix Corporation aus Chicago das erste elektronische Einspritzsystem. für die Vorserienproduktion von AMC Fahrzeugen. Es war zu unzuverlässig, um in die Serie aufgenommen zu werden. Chrysler rüstete ab 1958 35 Fahrzeuge in der Serie mit Electrojector aus. Der Impulsauslöser für die Einspritzung und der Zündverteiler waren hier noch voneinander getrennt und die Elektronik sah nicht nur abenteuerlich aus, sie hatte auch zu unzuverlässige und driftende Komponenten verbaut, so dass die meisten Fahrzeuge vom Kundendienst wieder auf Vergaser rückgerüstet werden mussten. Wahrscheinlich ist das der Grund,warum in der D-Jetronic sogar MIL-Spec Komponenten verbaut wurden. In der Folge verkaufte Bendix die Patente an Bosch.

Die D-Jetronic wurde daraus Mitte der 60er Jahre von Bosch als weltweit erste erfolgreiche elektronische Einspritzung zur Ablösung der Vergaser sowie der mechanischen 2, 6 und 8-Stempel-Einspritzpumpen und zur Einhaltung der Abgasvorschriften in den USA entwickelt. Dabei wurde nicht nur von präziser Mechanik auf Elektronik umgestellt, auch die Messgrößen für die Einspritzung änderten sich.

Die D-Jetronic - ursprünglich nur Jetronic genannt - war in der Lage, den Benzinanteil der Luftmenge in jedem Lastzustand des Motors durch Sensorik automatisch anzupassen. Das bedeutete gegenüber Vergasern und mechanisch synchronisierten Einspritzpumpen einen enormen Fortschritt

  • Vorteile der Jetronic gegenüber Vergasern und Einspritzpumpen
  • Bessere Leistungsausbeute
  • Besseres Drehmoment
  • Geringerer Kraftstoffverbrauch
  • Weniger giftige Abgase durch unverbrannten Kraftstoff
  • Schubabschaltung integriert

 

Die angesaugte Luftmenge wird über den Unterdruck im Saugrohr indirekt bestimmt und das Steuergerät passt die Benzinmenge über die Länge der Einspritzimpulse automatisch an. In der D-Jetronic ist die entscheidende Messgröße deshalb die Drehzahl, die Beschleunigung (Gaspedal) sowie der (Unter-)Druck im Saugrohr, deshalb auch "D" wie Druck-Jetronic genannt. Abgaswerte wurden nur im Leerlauf eingestellt aber nicht geregelt. So etwas wie Lambdawerte und deren Regelung kam erst Ende der 70er Jahre im Nachfolger L-Jetronic. Die D-Jetronic spritzt im Takt mit der Zündfolge intermittierend ein.

Bosch Werbefilm zur Einführung der Jetronic (später D-Jetronic genannt)
mit freundlicher Genehmigung der Robert Bosch GmbH Automative Tradition verlinkt

Dass eine elektronische Einspritzung besser funktionierte als eine mechanische, konnten die Mechaniker nicht lange auf sich sitzen lassen. Tatsache war, dass die Mechaniker mit den Elektronik-Komponenten wie dem Steuergerät nicht umgehen konnten und damals (wie ich auch heute noch beim Prüfen von Steuergeräten feststellen muss) reihenweise korrekt arbeitende Steuergeräte als defekt reklamierten. Auch mit dem typisch falschen Mechaniker-Argument "der Komplexität einer elektrischen Einspritzung" konterten sie mit der Einführung von hoch genauen Bearbeitungsmaschinen 1972 im Porsche mit der kontinuierlich einspritzenden K-Jetronic, Mercedes-Benz sprang ab 1975 auf diesen Zug auf. Bei der K-Jetronic wird die angesaugte Luftmenge über eine Stauscheibe gemessen. Beide Systeme wurden weiter fortgeführt. Das Prinzip der D-Jetronic wurde von Bosch als L-Jetronic (z.B. im BMW, Porsche, Opel) weiterentwickelt. Ab 1978 konnte die L-Jetronic auch mit Lambdaregelung ausgerüstet werden. Die Elektronik aber war auch in der K-Jetronic nicht aufzuhalten. Ab 1985 kam sie als KE-Jetronic bei Mercedes-Benz wieder zum Zug.

Die erste D-Jetronic kam nicht etwa im Mercedes-Benz, sondern wurde vom 14.-24. September 1967 von Volkswagen im VW 1600 Typ 3 auf der internationalen Automobil Ausstellung (IAA) in Frankfurt der Welt vorgestellt. Bei Mercedes-Benz dauerte es bis zum 250 CE Strich8 Coupe Ende 1968 sowie bis zur Einführung des 350er 8-Zylinders M116 im W111 Heckflossen Coupe und Cabriolet 1969. Dadurch hat aber Mercedes-Benz die frühen Entwicklungen der D-Jetronic, wo insbesondere viel an der Höhenkompensation mit Absolutdruckschaltern und den Dichtkanten der Einspritzventile verändert wurde, nicht mitgemacht, sondern gleich ein ausgereifteres System übernommen.

Pressemitteilung Jetronic von 1967. Mit freundlicher Genehmigung des Bosch Archivs
Pressemitteilung Jetronic von 1967. Mit freundlicher Genehmigung des Bosch Archivs
Volkswagen 1600 mit D-Jetronic, Copyright by Bosch
Volkswagen 1600 mit D-Jetronic, Copyright by Bosch

  • Die D-Jetronic wurde von vielen Herstellern verbaut: Im Einzelnen waren das:
  • BMW 3.0 Si, 3.0 CSi, 3.0 CSL
  • Citroen DS21 ie, DS23 injection, SM
  • Lancia 2000 HF Coupe, Berlina
  • Mercedes-Benz R/C107 280,350,450 , W108 3.5 und 4.5 , W109 3.5 und 4.5 , W111 Cp/Cabrio 3.5 , W114 250CE,280E,280CE (siehe auch Ausrüstungsliste im Anhang)
  • Opel Commodore GS/E 2.5 und 2.8, Admiral 2.8, Diplomat 2.8
  • Porsche 914 1.7 und 2.0
  • Renault 17 1.6 TS, Alpine A110 1.6, Alpine A310 1.6
  • Saab 99 E, 99EA, 99 EMS
  • Volvo 142 2.0 E, 144 2.0 E,164 3.0 E, 1800 2.0 E, 1800 2.0 E S
  • Volkswagen 411 1.7E, 412 1.7E und 1.8E, 1600 1.8E
  • plus Tuning- und Versuchsfahrzeuge wie z.B. den MB 6.9 Liter
  • plus Lizenzen für Isuzu, Mitsubishi, Nissan und Toyota sowie Jaguar(Lucas)
  • General Motors entwickelte für den Chevrolet Cosworth Vega EFI eine Einspritzung mit Saugrohrdruckfühler, Drosselklappenschalter, Einspritzventilen, Druckregler und Benzinpumpe der Bosch D-Jetronic, die auf dem Bendix Electrojector-System beruhte

 

An der D-Jetronic wurde viel experimentiert. Volllast Differenzdruckschalter wichen erst dem Volllastübergang im Saugrohrdruckfühler und dann dem Kontakt im Drosselklappenschalter. Das Kaltstartventil wurde zeitweise vom Steuergerät gesteuert, meist aber extern. Selbst Lufttemperatursensor, Schubabschaltung und Leerlauf-CO Potentiometer sind nicht überall vorhanden. Bei Mercedes-Benz kam nach dem 250er und 350er Motor noch der 450er und der 280er dazu. Im Zuge der Abgasvorschriften in den USA, insbesondere Kalifornien, gab es speziell für den 450er drei eigene US-Versionen, auch andere Hersteller hatten für die USA eigene Steuergeräte in ihren Fahrzeugen. Mit den Werksferien 1975 war dann bei Mercedes-Benz Schluss (nur der späte 280er M110 wurde bis Mitte 76 gebaut) und die D-Jetronic wurde durch die rein mechanische K-Jetronic abgelöst. Leider sind dabei Drehmoment und Leistungswerte zurückgegangen und Funktionen wie die Schubabschaltung entfallen, so dass die D-Jetronic bis zur Einführung des Energiekonzepts 1981 bei MB der K-Jetronic überlegen war. Andere Hersteller sind dem Prinzip der druckgesteuerten elektronischen Einspritzung mit der L-Jetronmic treu geblieben, Porsche ist sogar von K-Jetronic auf L-Jetronic gewechselt.

Die D-Jetronic wurde auch von Bosch in Lizenz vergeben. Das Isuzu 117 Coupé verwendete nur für den japanischen Markt die D-Jetronic. Mitsubishi, Nissan und Toyota erwarben die Patente und haben die D-Jetronic für sich weiterentwickelt. AE Brico aus Coventry hatte parallel zu Bosch eine auf Bendix basierende elektronische Einspritzung zu entwickeln begonnen, stellte aber 1970 die Entwicklung ein. Nach diesem Aus baute Lucas für Jaguar die D-Jetronic in eine Version für den 12 Zylinder um, die von 1975 bis 1980 zum Einsatz kam. Lucas hat dabei die Impulsauslöserkontakte erst durch 2 Readrelais und dann durch 2 Hallgeber ersetzt und die Vorwiderstände der Einspritzventile zusammen mit einem Verstärker in einer externen Box integriert. Mehr zu den Spezialitäten der Jaguar D-Jetronic findet Ihr im Kapitel 15 Jaguar XJ12 und XJ-S Besonderheiten

 

Wer Mercedes-Benz D-Jetronic-Komponenten sucht oder loswerden will, darf mir gerne eine email an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. schicken. Ich prüfe die Komponenten (z.B. alle 14 Funktionen des Steuergeräts oder die elektrische Antwort von Saugrohrdruckfühlern), gegen meine Referenzwerte und mache ein Prüfprotokoll und lege sie mir zurück. Manchmal wird es ein bisschen viel und die beste Ehefrau von allen sagt, ich muss mich davon trennen. Ich freue mich immer, wenn ich damit dann jemandem aus der Patsche helfen kann.

Euer Dr-DJet (Volker)


Copyright © 2012 auf diesen Artikel mit seinem Inhalt by Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.. Fragen bitte ins Forum und nicht per Mail oder PN. Ich schließe jegliche Haftung außer einer zwingend gesetzlich vorgeschriebenen für diesen Artikel aus.